SE Live 2026 – 19./20. März 2026

Software ist das Herzstück moderner digitaler Geschäftsmodelle. Die kontinuierliche Automatisierung im Software Engineering war schon immer ein entscheidender Treiber für Effizienz und Geschwindigkeit – von den Anfängen mit Skripten bis hin zu automatisierten Build-Pipelines und Versionskontrollsystemen.

Künstliche Intelligenz markiert den nächsten, vielleicht transformativsten Schritt dieser Entwicklung. Durch die Interaktion in natürlicher Sprache und den Einsatz intelligenter Coding Agents können KIs weite Teile des Softwareentwicklungszyklus übernehmen: von der Unterstützung bei der Anforderungsanalyse und Architekturkonzeption bis zur eigenständigen Implementierung von Code und Tests. Immer fähigere Modelle im Hintergrund versprechen ein tieferes Verständnis komplexer Kontexte, reduzieren Fehleranfälligkeit (Halluzinationen) und erweitern das verfügbare Wissen enorm. Dies birgt das Potenzial für massive Produktivitätssteigerungen, schnelleres Time-to-Market und die Bewältigung bisher unerreichbarer Komplexität.

Doch diese Entwicklung ist nicht ohne strategische Herausforderungen und Risiken. Die leichte Verfügbarkeit von KI-generiertem Code kann zur Gefahr von aufgeblähten, schwer wartbaren Systemen führen, die technische Schulden schnell aufbauen und kritische Sicherheitslücken aufweisen – ein Phänomen, das man kritisch als 'Vibe-Coding' bezeichnen könnte: Code, der schnell entsteht, aber oft die nötige Struktur, Dokumentation und langfristige Stabilität vermissen lässt.

Für Entscheider stellt sich damit die entscheidende strategische Frage: Wie navigieren wir durch diese neue Ära? Wie nutzen wir das immense Potenzial der KI im Software Engineering, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen und gleichzeitig die Kontrolle über Codequalität, Wartbarkeit und Sicherheit zu behalten?

In diesem Vortrag werfen wir einen strategischen Blick auf die kommende Zeit des KI-assistierten Software Engineering. Wir analysieren die Chancen und Herausforderungen, und diskutieren, wie Unternehmen sicherstellen können, dass KI in der Softwareentwicklung zu einem Treiber strategischer Exzellenz und nicht zu einer Quelle unkontrollierter Risiken wird.

Trotz der beeindruckenden Fortschritte im Bereich generativer KI für die Softwareentwicklung bleibt die präzise Erfassung und Spezifikation von Anforderungen die zentrale Herausforderung. Während KI-Systeme zunehmend die Implementierung übernehmen können, erfordert die Transformation von Kundenbedürfnissen in eindeutige, maschinenverwertbare Spezifikationen weiterhin menschliche Expertise und systematische Methoden. Im Rahmen dieses Vortrags wird anhand einer Live-Demonstration gezeigt, wie moderne KI-Werkzeuge bei entsprechend strukturierter Anforderungsdefinition innerhalb eines Arbeitstages von der initialen Kundenanforderung zu einer funktionsfähigen Softwarelösung führen können. Die Demonstration umfasst dabei sowohl die automatisierte Codegenerierung als auch die typischerweise erforderlichen Nachbesserungsschritte, wodurch ein realistisches Bild der aktuellen Möglichkeiten und Grenzen vermittelt wird.

Hans Egermeier studierte Allgemeinen Maschinenbau und promovierte im Fachbereich Produktionstechnik an der Technischen Universität München (TUM). 2009 übernahm er die Leitung der Business Unit Automation Software bei Bernecker + Rainer Industrie-Elektronik (B&R). Seit 2017 berät und unterstützt er mit seiner Firma, der talsen team GmbH, Industrieunternehmen in den Bereichen agile Softwareentwicklung und dem effektiven Einsatz von KI. Darüber hinaus entwickelt das talsen team Lösungen von Embedded Software bis hin zu reinen Cloud-Anwendungen sowie KI-Applikationen – vom Chatbot bis hin zur tiefen Integration und Automatisierung von Unternehmensprozessen mittels generativer KI und KI-Agenten.

Die nächste Entwicklungsstufe von GenAI-Assistenten führt weg vom einzelnen Agenten hin zu kooperierenden Systemen von Agenten. Multiagentensysteme ermöglichen es, komplexe Aufgaben in kleinere Einheiten zu zerlegen, unterschiedliche Rollen und Fähigkeiten abzubilden und so flexiblere, robustere und skalierbare Lösungen zu schaffen.

Doch die Einführung solcher Systeme ist mehr als eine technische Herausforderung – sie ist ein Katalysator für AI Transformationen. Wenn Agenten mit Menschen als Teams zusammenarbeiten, verändern sich auch die Prozesse, Aufgaben und Organisationsstrukturen in Unternehmen. Der Vortrag beleuchtet daher sowohl Architekturprinzipien und Koordinationsmechanismen als auch die Implikationen für Projektrollen und die organisatorische Einbettung.

Anhand eines konkreten Praxisbeispiels wird gezeigt, wie Agenten Schritt für Schritt in den produktiven Einsatz überführt werden können – und welche Rolle sie als Treiber einer umfassenderen AI Transformation spielen.